ökologisches Bauen: Begrünung

ökologisches Bauen: Begrünung
ökologisches Bauen: Begrünung
 
Viele Bewohner messen die Qualität ihres Wohnumfelds zunehmend an seiner Umweltgüte und insbesondere an seiner Ausstattung mit Grün- und Freiflächen. Die Verbesserung des Wohnumfelds ist daher integrierter Bestandteil ökologisch orientierten Bauens. Möglichkeiten zur Begrünung bieten sich auf dem Straßenraum, in Vorgärten und Höfen, auf Spielplätzen, Parkplätzen und sonstigen Freiflächen innerhalb von Siedlungen.
 
Ein Ansatz für ein »grünes« Wohnumfeld vermeidet Bodenversiegelung. Weg- und Parkflächen können zum Beispiel großfugig, in Sand gepflastert, mit Kies belegt oder als Ton-Kies-Gemisch (wassergebundene Decke) ausgeführt sein und den Nutzungsansprüchen der Bewohner entsprechend gestaltet werden. Innenhöfe und Gärten sollten möglichst naturnah und standortgerecht bepflanzt und bewirtschaftet werden.
 
Gehört die Anlage und Pflege einer Gartenanlage fast schon zu den Selbstverständlichkeiten, wird viel seltener daran gedacht, das Gebäude selbst zu begrünen. Dafür geeignet sind Dächer und Fassaden gleichermaßen.
 
 Begrünte Dächer
 
Das Dach ist der Teil des Hauses, der am stärksten den Witterungseinflüssen ausgesetzt ist. Auf der Dachoberfläche können je nach Deckungsmaterial Temperaturschwankungen bis zu 100 Grad (von 80 Grad Celsius bis unter —20 Grad Celsius) auftreten. Durch die glatten Oberflächen der allgemein üblichen Bedachungen wird das Regenwasser — sofern nicht genutzt — sofort in die Vorfluter abgeführt. Die Sonneneinstrahlung wird zum Teil reflektiert oder in Wärme umgewandelt. Flimmernde Luft über den Dächern eng besiedelter Viertel ist ein typisches Bild im Sommer. Die Städte und Dörfer werden durch die ständig wachsende Dachlandschaft genauso versiegelt wie durch die ständig zunehmenden Straßenflächen.
 
Eine ökologische Alternative stellten hier Dachbegrünungen dar, denn sie wirken als Klimapuffer. Die Temperaturschwankungen werden auf rund 25 Grad Celsius reduziert, und große Mengen des Regenwassers können verdunsten. Zudem verbessern begrünte Dächer den Schallschutz und das Kleinklima besonders in Städten, filtern Luftverunreinigungen und geben gleichzeitig Sauerstoff ab, schaffen Lebensraum für Tiere und Pflanzen und stellen einen gewissen Ausgleich für die Bodenversiegelung durch das Gebäude dar.
 
Dachbegrünungen werden vor allem danach unterschieden, ob ein flaches oder ein geneigtes Dach bewachsen werden soll, und ob eine intensive oder eine extensive Begrünung angestrebt wird. Danach richtet sich, ob statische Gesichtspunkte eine Verstärkung der Dachkonstruktion notwendig machen. Bei extensiver Begrünung ist das in der Regel nicht notwendig.
 
Unter einer extensiven Begrünung versteht man eine flächige Begrünung hauptsächlich mit niedrigen Stauden, Wildkräutern, Gräsern und Moosen, die trockenheitsverträglich und regenerationsfähig sein sollten. Zudem müssen die Pflanzen pflegeleicht und ihre Aufzucht in dünnschichtigen Böden auf horizontalen oder geneigten Flächen möglich sein. Extensive Dachbegrünungen können nicht genutzt, also begangen und bespielt werden.
 
Die intensive Dachbegrünung besteht aus einer flächigen Begrünung mit Rasen, Stauden und Gehölzen, die einen differenzierten Bodenaufbau, Be- und Entwässerungsmaßnahmen sowie eine regelmäßige Pflege erfordern. Dafür können sie begangen und genutzt werden.
 
Grundsätzlich eignen sich nicht nur Flachdächer für Begrünungen. Auch geneigte Dächer können begrünt werden, wobei Neigungswinkel über 20 Grad nur schwierig zu bepflanzen sind. Sonst muss die Dachoberfläche mit Hemmschwellen versehen werden, um das Abrutschen der Bodenschicht zu verhindern.
 
Soll ein bestehendes Dach begrünt werden, muss vorher eine bauphysikalische Prüfung erfolgen, um die Lastreserven des Daches festzustellen. In wassergesättigtem Zustand entstehen durch die Dachbegrünung Lasten von etwa 60 Kilogramm pro Quadratmeter bis zu fast 400 Kilogramm pro Quadratmeter. Darüber hinaus muss überprüft werden, ob eine intakte Dampfsperre vorhanden ist, oder ob für eine Entlüftungsschicht auf der letzten Dichtungsbahn des Dachaufbaus zu sorgen ist. Sonst besteht die Gefahr von Tauwasserbildung im Dach. Besonders wichtig für den Aufbau ist die über der Dachdichtung befindliche Wurzelschutzfolie. Diese muss sehr langlebig sein, um dem Wurzeldruck und den klimatischen Belastungen standhalten zu können. Leider kommt für diesen Zweck derzeit nur die ökologisch wenig erwünschte PVC-Folie infrage.
 
 Fassadenbegrünung
 
Durch das Begrünen der Außenwände eines Gebäudes können großflächige Laubstrukturen entstehen, die in ihrer biologischen Wirksamkeit den Laubkronen ausgewachsener Bäume entsprechen. Fassadenbegrünungen verbessern die bauphysikalischen Eigenschaften der Wände. Zu den stadtökologischen Funktionen der Fassadenbegrünung gehört die Bindung von Staubpartikeln ebenso wie die Befeuchtung der Luft und damit verbundene Verbesserung des Lokal- und Stadtklimas. Durch vollflächige Wandbegrünung kann Schall zerstreut und absorbiert werden. Die Schallpegelminderung ist jedoch gering. Als Lebensraum für Vögel, Spinnen und andere Kleintiere kann das Fassadengrün für Natur und Landschaft in der Stadt eine positive Rolle spielen.
 
Zur Fassadenbegrünung kommen vor allem schlingende, rankende Gewächse infrage. Für Süd- und Westfassaden sollten laubabwerfende Pflanzen gewählt werden. Die Fassade muss vor der Begrünung in Ordnung sein und darf keine Risse aufweisen, da sonst Schäden durch die Pflanzen auftreten können.
 
Verschiedene Pflanzengruppen haben unterschiedliche Methoden zu klettern: Schlinger oder Winder klettern durch einen wendelförmigen, senkrecht strebenden Wuchs der Sprossen, beispielsweise Knöterich (Polygonum aubertii), Hopfen (Humulus lupulus) und Blauregen (Wisteria sinensis). Blattranker besitzen berührungsempfindliche Greif- und Halteorgane, mit denen sie senk- und waagerechte Stützen umwinden können. Sprossranker können Haftscheiben ausbilden, beispielsweise Echter Wein (Vitis vinifera) und Waldrebe (Clematis-Arten). Spreizklimmer klettern mittels spezieller Seitensprossen, Stacheln oder Dornen, die sich auf waagerechte Stützen auflegen können, beispielsweise Kletterrosen (Rosa-Sorten) und Brombeere (Rubus-Sorten, wintergrün). Wurzelkletterer (Selbstklimmer/echte Kletterer) bilden kleine sprossbürtige Haftwurzeln aus und verankern sich mit Wurzelhaaren in der Unterlage, beispielsweise Efeu (Hedera helix, wintergrün), Wilder Wein (Parthenocissus tricuspidata) und Kletterhortensie (Hydrangea anomala-petiolaris). Gelegentlich wachsen allerdings die Haftwurzeln auch in Rissen oder Spalten der Unterlage.
 
Dipl.-Biol. Bettina Kapahnke-Knittel
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
ökologisches Bauen: Wassernutzung
 
 
Bohr, Theound Altmeyer, Monika:Öko-Check Wohnen. Niedernhausen 1996.
 
Energiegerechtes Bauen und Modernisieren. Grundlagen und Beispiele für Architekten, Bauherren und Bewohner, herausgegeben von der Bundesarchitektenkammer. Bearbeitet vom Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie. Basel u. a. 1996.
 
Häuser ökologisch geplant, preiswert gebaut. Tips und Ideen, Materialien und Beispiele, herausgegeben von Hans-Peter Bauer-Böckler. Taunusstein 1996.
 König, Holger: Wege zum gesunden Bauen. Wohnphysiologie, Baustoffe, Baukonstruktionen, Normen und Preise. Staufen im Breisgau 91997.
 
Lebensräume. Der große Ratgeber für ökologisches Bauen und Wohnen, herausgegeben von Thomas Schmitz-Günther. Köln 1998.
 
Leitfaden zum ökologisch orientierten Bauen, herausgegeben vom Umweltbundesamt. Heidelberg 31997.
 
Ökologisch bauen - aber wie? Ein Ratgeber für Bauherren. Mit Bezugsquellennachweis, bearbeitet von Tu Was - Ökologische Verbraucherberatung Mainfranken e. V. Düsseldorf 21997.

Universal-Lexikon. 2012.

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